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Seit einiger Zeit wird, im Anschluss oder als Gegenprojekt
zum mobilitéit.lu-Vorhaben,
ein Projekt "BB" ("Bus-Bunn") zur Sprache gebracht.
Obwohl es sich dabei nicht um eine im Detail und der Begründung mit
der mobilitéit.lu vergleichbare Studie handelt, wird das Projekt dennoch
genügend ausführlich dargestellt, dass eine kritische Würdigung
angebracht erscheint. Kernsatz dieses Projektes ist die Verlegung fast des
gesamten Stadtbahnnetzes in den Untergrund. Zweck dieser Maßnahme soll
sein, Behinderungen der Zugfahrten durch den Straßenverkehr, beziehungsweise
Behinderungen des Straßenverkehrs durch Zugfahrten auszuschließen.
Eine Reihe von Gründen sprechen dagegen, das BB-Projekt als brauchbares
Nahverkehrskonzept für Luxemburg zu betrachten:
1.) In ganz Europa hat sich seit rund drei Jahrzehnten
die Überzeugung
durchgesetzt, der öffentliche Verkehr gehöre an die Erdoberfläche,
sofern keine zwingenden Gründe dies verunmöglichen. Warum sollen
gerade flächensparende, umweltfreundliche und sozialverträgliche
Verkehrsmittel in Tunnels fahren? Ingenieure, Verkehrsexperten und Urbanisten
bauen neue Stadtverkehrsnetze an der Oberfläche, auch in alten Städten
mit engen Gassen wie etwa in Bern, Strassburg oder Freiburg/Breisg. Alle
neue Strassen- und Stadtbahnnetze in Nantes, Strasbourg, Grenoble, Rouen,
Paris, Montpellier, Orléans, Lyon, Bordeaux, Valenciennes und Mulhouse
sind oberirdisch angelegt; allenfalls werden kurze Strecken z.B. unter den
Gleisanlagen der Bahnhöfe geführt, wenn man nicht, wie etwa in
Basel oder Freiburg/Br. die Stadtbahn auch hier über ein Brückenbauwerk über
die Gleise leitet. Hunderte verantwortlicher Ingenieure, Techniker und Politiker
haben dazu gute Gründe.
Ü
brigens: in der Schweizer Bundesstadt Bern, die von der Topographie her am
meisten Luxemburg ähnlich ist, findet man nur oberirdische Straßen-
und Stadtbahnstrecken (außer einer topographisch bedingten Zufahrtsstrecke)!
Im neuen Berliner Großbahnhof Lehrte legt man größten Wert
auf Tageslicht und Transparenz. Lichtdurchflutet soll die große Bahnhofshalle
sein und Architektur und Ingenieurbaukunst bringen es fertig, dass bauliche
Kunstgriffe auch in 12 bis 15 Meter Tiefe noch Tageslicht gelangt und auch
dort Bahnanlagen noch natürliches Licht erhalten.
Nur Luxemburg soll eine Katakombenbahn bekommen, mit einer Vielzahl von unterirdischen „Centre
Aldringen“.
Schließlich geht es nicht an, die "Kunden" in den öffentlichen
Verkehr zu zwingen, sondern sie zu überzeugen: dazu gehört, dass
man einen neuen ansprechenden Fahrzeugpark zeigt und nicht im Tunnel versteckt;
auch auf Eigentrasse, neben dem Straßenraum vorbeiflitzende Züge
sind augenfälliger als Fahrplantafeln.
2.) Ein großes Problem des BB-Projektes stellen die extrem tief (bis
60-70 m unter der Oberfläche) liegenden Haltestellen dar. Erfahrungen
gibt es weltweit keine. Rolltreppen kommen wegen der erforderlichen Länge
nicht in Frage. Besonders auf Limpertsberg, wo mit einer Haltestelle sechs
Schulen bedient werden sollen - können auch Lifte das Problem nicht
lösen:
a) entweder sind sie für 23 von 24 Stunden überdimensioniert - oder
sie verzögern den Fahrgastwechsel unzulässig.
Rein rechnerisch ermittelte Zeiten für die Benutzung der Lifte tragen
der Wirklichkeit kaum Rechnung: Schüler mit grossen Rucksäcken, behinderte
Menschen, ältere Leute, Kinderwagen, Einkaufsrollis werfen alle diese
Zahlen über den Haufen. Und Fahrräder haben wohl nichts im BB-System
verloren - oder werden die Lifte fahrradgerecht eingerichtet?
b) im Brandfalle sind sie unbrauchbar. Wohl entgegnen die Befürworter
des BB-Projektes man könne brandsichere Lifte bauen. Abgesehen davon dass
es sie noch nirgends gibt, kann man sich schwer vorstellen, dass solche Konstruktionen
behördlich genehmigt würden und wer wird einen "brandsicheren" Lift
im Katastrophenfall benutzen ?
c) als Notausgang kommen also nur Treppen in Frage: vergleichsweise entsprechen
diese den Treppen in einem 18-stöckigen Hochhaus. Will man auf diesem
Wege Hunderte verängstigte, wenn nicht panikierende Menschen evakuieren?
Ausserdem müsste man den Sog (Kaminwirkung) eines solchen Treppenschachts
beachten; die deswegen vorgeschlagenen Schleusen würden aber Fluchtwege
abschließen!
d) In unterirdischen Anlagen begegnen wir einem spezifischen Sicherheitsproblem,
(das oft von den Benutzern noch stärker als statistisch belegt empfunden
wird - was bei der Planung berücksichtigt werden muss) Wegen der mehrfachen
Ausführung der (von aussen nicht einsehbaren) Liftkabinen und der Länge
der Bahnsteige (in seinen neuesten Ausführungen schlägt der Autor
200 m vor!), würde eine Überwachung durch Videokameras nicht nur
sehr aufwändig, sondern auch wegen der Distanzen und der schlechten Zugänglichkeit
wenig wirksam. Im hauptstädtischen "Centre Aldringen" ist das
Problem ja zur Genüge bekannt. Es bleibt also nur die Überwachung
durch Personal an Ort und Stelle. Nach allgemein gültigen Regeln muß man
dann mit 10 Mann Sicherheitspersonal pro Haltestelle rechnen.
e) leider darf man terroristische Anschläge oder Versuche dazu nicht ausschließen – auch
in Luxemburg.
Natürlich kann man alle Ausgänge dreifach oder vierfach ausbauen
und alle Einrichtungen doppelt auslegen (Sicherheitseinrichtungen müssen
in Tunnels immer doppelt oder mehrfach vorhanden sein) – und damit die
Kosten ins Unermeßliche steigern.
Schließlich wird man, bei dem zu erwartenden dichten Verkehr im Tunnel
um die Anschaffung eines speziellen Lösch- und Rettungszuges nicht herumkommen
- womit viele "Ersparnisse" wieder aufgebraucht sind.
Es gibt Städte mit Untergrundbahnen ("Metro"); es gibt auch
Stadbahnen mit unterirdischen Streckenabschnitten; es gibt aber nirgends Eisenbahnen
mit Metrobetrieb (und dazu in großer Tiefe): überall sind solche
Netze getrennt.
3.) Ein eisenbahnmäßiger Betrieb macht nur Sinn,
wenn man mit längeren
Zügen fahren kann.. Längere Züge brauchen längere Haltestellen.
Dem trägt das Projekt BB Rechnung, wenn auch ungenügend. Wegen
der Haltestellenkosten einerseits und dem eisenbahnmäßigen Blocksystem
andrerseits liegen die (längeren) Haltestellen weit auseinander, so
weit, dass die Stadtbahn einen ihrer Hauptanziehungspunkte, nämlich
eines schnellen Verkehrssystems mit nahegelegenen Haltestellen durch die überlangen
Anmarschwege wieder verliert. (Auf jedem Haltestellenplan des BB-Projektes
leicht nachzuvollziehen.).
Dies gilt wieder besonders auch für die mindestens 6 Schulen auf Limpertsberg
(LGL, LTML, CU, LTC, WS, LV). Ein Nahverkehrsexperte meinte einmal "Umsteigen
ist kein Umsteigen, wenn am selben Bahnsteig zur selben Zeit der Anschlusszug
steht!"(wie im Modul K von mobilitéit.lu in Dommeldingen und "Foires
Internationales" vorgesehen). BB würde uns dagegen viel "richtiges" Umsteigen
bescheren. Ohne weiters will der Autor die Bahnsteiglänge neuerdings
auf 190, ja 200 Meter verlängern: das bedeutet, dass der Fahrgast vom
hinteren Ende des Zuges bis zum Lift am anderen Bahnsteigende allein für
diesen Weg etwa 3 Minuten braucht (bei 1 m/Sek.).
Die Feinverteilung (an der Erdoberfläche) würde der Bus übernehmen
- und dann haben wir eines der Hauptprobleme, das die Stadtbahn lösen
soll, nämlich dass die Busse sich selbst im Wege sind, wieder hergestellt.
Wo ist dann der Nutzen?
4.) Zweisystemfahrzeuge sind nicht viel teurer als Einstromfahrzeuge. Die Industrie
bietet sowohl rein elektrische als dieselelektrische Fahrzeuge an, die ohne
Oberleitung auskommen.
Die BB-Fahrzeuge müssten Dreistromfahrzeuge sein um freizügig einsetzbar
zu sein.
5.) Die Verkehrsproblematik in der Stadt Luxemburg wird immer drängender.
Zur Zeit liegt ein sehr brauchbares Konzept vor, mit weit ausgearbeiteten Planungen,
eben das mobilité.lu-Projekt. Soll dieses Projekt wieder einmal jahrelangen
immer "neuen" Studien und Detailplanungen geopfert werden um schlussendlich
herauszufinden, dass das BB-Vorhaben eine vielleicht tiefbautechnisch interessante
Studie ist, aber als Nahverkehrssystem untauglich und in dieser Form nirgends
in Europa angewandt wird.
6.) Das Tunnelprojekt entbehrt jeder Flexibilität: ein einmal gebohrter,
gesicherter und ausgebauter Tunnel ist nur für den geplanten Zweck zu
gebrauchen. Anders als Alpenquerungen oder HG-Strecken ist die Stadt aber ein
sehr bewegliches Gebilde und eine mögliche Verlagerung der Verkehrsströme
darf nicht aus den Augen gelassen werden. Modul K von mobilitéit.lu
trägt dem Rechnung und ist anpassungsfähig. Ein Tunnel kann aber
nicht verlegt werden. Ein verantwortliche Regierung und ein Parlament, die
Hunderte von Millionen an Steuergelder investieren, können sich keine
Fehlinvestition leisten.
Tunnehaltestellen können praktisch nicht verlegt weden.
7.) Viele Detailplanungen zum "Projekt BB" fehlen zur Zeit. Wie die
Tunnelstrecken am südlichen Ende des Bahnhofs Luxemburg eingeführt
werden sollen ist völlig unklar. Auch anderenorts kann der Autor keinen
oder keinen gesicherten Berechnungen vorlegen, was wir ihm nicht vorwerfen
wollen: eine komplette Studie dieser Art beschäftigt ein Ingenieurbüro
für mehrere Jahre. So finden wir auch nirgends nähere Angaben über
die Lift- (und Treppen-) ausgänge. Sind sie senkrecht über den Haltestellen
angelegt, dann werden wieder die Anmarschwege umso länger; insbesondere
die Bedienung der Schulen auf Limpertsberg und dem Geessekneppchen , die für
Eisenbahnhaltestellen gänzlich ungeeignet liegen (zu nahe und auf keiner
geraden Linie) wäre problematisch; andrereseits würde jeweils eine
Einzelhaltestelle und wegen der Blockabstände für Züge nach
mehreren Richtungen Zeitverluste bis zu 20 Minuten (von Schulschluss bis
letzte Abfahrt) mit sich bringen.
8.) Den Einwand des Staatsrats, das Transportministerium habe keinen Alternativen
in Erwägung gezogen können wir nicht verstehen: in der Luxtraffic-Studie
wurden alle Möglichkeiten in Betracht gezogen und die Tram-train Lösung
als beste vorgeschlagen. Der größte Unterschied zwischen Modul K
von mobilitéit.lu und BTB liegt in der Trassierung, weniger im Konzept.
(Sammlung der Dokumentation und Bearbeitung: GEDF
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